In den letzten 15 Monaten sind - zumindest in allen Schreibtisch-Jobs - Videokonferenzen zum Standard geworden: Egal, ob mit Zoom, Teams oder Google Meet - wir telefonieren mit Bild. Interessant ist, wie die einzelnen Kollegen mit dem neuen Format umgehen und was in einem kleinen Bildausschnitt so alles zu sehen ist: Während Anja in ihrem knallroten Pulli den Hintergrund unscharf macht, sitzt Bernd immer vor einer Art Bibliothek in der die tollsten Bücher stehen. Julian lümmelt in seinem Stuhl, als könnte er sich kaum am Schreibtisch halten und Barbara schaltet die Kamera gar nicht erst an.
Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick sagte einmal: "Du kannst nicht nicht kommunizieren". Und das sehe ich genauso. Denn wie du dich verhältst (unter anderem auch in Online Meetings) sagt deinem Gegenüber viel über dich. Gerade in beruflichen Situationen kannst du das durchaus positiv nutzen: deine fachliche Kompetenz unterstreichen, deine Expertise mit einfachen visuellen Mitteln untermauern.
Wie das geht? Nachfolgend habe ich drei Tipps für dich.
1. Kamera an
Aus meiner Sicht gehört es zur Netiquette, die Kamera in einer Videokonferenz anzustellen. Unter der Netiquette versteht man das gute oder angemessene und achtende Benehmen in der technischen Kommunikation. Ich war schon bei Onlinevorträgen wo die Hälfte der Kameras im Publikum aus war. Stellt euch mal vor, wie schwer es der Redner gehabt haben muss!? Du weißt gar nicht, hören die zu, wie sind die Reaktionen auf das Gesagte - keine Mimik, keine Gestik, kein unterstützendes Lächeln.
Also Kamera in jedem Fall an - aber sei dir bewusst in Online Meetings gilt die Devise, sobald die Kamera an ist - bist du auf der Bühne und der Spot ist auf dich gerichtet. Und das bringt uns zu Punkt 2:
2. Professionelles Setting
Um eine wirkungsvolle Kamera-Präsenz zu haben, solltest du vorab deine Wahrnehmung für Details in deiner Umgebung schärfen. Und mit Details meine ich: was steht auf deinem Schreibtisch und was zeigst du im Hintergrund, etc. Dabei darf es ruhig persönlich werden (Achtung persönlich, nicht privat. Das ist ein Unterschied!). Wenn du zum Beispiel tolle Hobbies hast, kannst du das über die Kamera transportieren: Du reitest in deiner Freizeit und auf deinem Schreibtisch steht ein Foto von dir auf einem Springreitturnier oder du interessierst dich für Kunst und in deinem Kameraauschnitt sieht dein Gegenüber einen Bildband zum Thema zeitgenössische Malerei.
Gegenstände, die deine Persönlichkeit widerspiegeln, lassen dich nahbar wirken und so manche Gesprächspause überbrückt sich so von ganz allein. Die Klatschblätter vom letzten Wochenende oder ein Foto von dir im Bikini, haben dagegen bei einem Videocall in beruflichem Kontext auf deinem Schreibtisch nichts zu suchen. Wenn du unsicher bist, was du zeigen kannst und was nicht, lautet die Devise eher weniger als mehr.
Das gilt übrigens auch für Kleidung und Make up. Entgegen der landläufigen Meinung "lieber eine Extraschicht auftragen, denn die Kamera schluckt viel Farbe", ist meine Wahrnehmung - ein knalliger Lippenstift, große Muster, Statement Halsketten oder Glitzer lenken den Betrachter von deinem Gesicht ab. Für den professionellen beruflichen Auftritt sollte frau oben rum eine Kontrastfarbe zum Hintergrund tragen. Nicht unbedingt weiß, denn das überstrahlt das Gesicht, aber ansonsten gibt es je nach Dresscode farblich keine Einschränkungen. Je unruhiger der Hintergrund, desto ruhiger sollte das Muster deiner Kleidung sein. Aber aufpassen, zu kleine Muster haben den unangenehmen Nebeneffekt vor der Kamera zu flimmern.
Die optimalen Kamera- und Lichtverhältnisse können je nach Tageszeit variieren, du solltest vor jedem Videocall einen Probelauf machen und die Einstellungen ggfs. anpassen. Und noch ein Hinweis, ein Headset erinnert mich immer so an die Callcenter-Agents aus den 90ern. Wenn du kannst, telefoniere frei oder mit Mikrofon, um Professionalität auszustrahlen. Kleine Änderungen im begrenzten Bildausschnitt können Großes bewirken.
3. Lebendige Körpersprache
Kommen wir nun zum (für mich) wichtigsten Punkt der non-verbalen Kommunikation in Online-Meetings. Die meisten Zuhörenden sitzen starr vor der Webcam und lassen die Chance vorüber ziehen mit dem zu punkten was alle in Videocalls vermissen: Lebendigkeit. Es wird oft unterschätzt, was das körpersprachliche Mitgehen mit dem Gegenüber macht. Da reicht schon ein direkter Blick in die Kamera, ein zustimmendes Nicken, ein Lächeln.
Mach dir vor jedem Vidocall bewusst, wie du auf andere wirken möchtest und versuche eine gute innere Grundhaltung mit in das Meeting zu bringen. 20 Sekunden Lächeln bevor du die Kamera einschaltest, wirkt wie ein Wunder für den ersten Eindruck.
Aufrecht und gerade sitzen ist ein absolutes Must. Rein anatomisch gesehen, sind Männer im Vorteil: Frauen haben von Natur aus oft schmale Schultern, sie nehmen die Arme eng an den Oberkörper und halten die Knie zusammen, vor allem im Sitzen. Männer dagegen nehmen Raum ein: Es ist, als zieht sie ein Faden am Kopf Richtung Himmel, sie machen den Oberkörper weit, breiten die Ellenbogen aus und stehen mit den Füßen fest auf dem Boden. Hier können wir uns echt mal eine Scheibe abschneiden, die Wirkung auf andere unterscheidet sich enorm. In wichtigen Telefonaten empfehle ich außerdem den Küchenstuhl im Homeoffice gegen einen Hocker, der nicht zum Anlehnen einlädt, einzutauschen. Die Arme am Besten locker auf den Tisch legen, so entsteht ein wenig Abstand zwischen Armen und Oberkörper. Hände gehören nicht in den Schoss, dass lässt dich schüchtern wirken.
Als ich als junges Mädchen als Model gearbeitet habe, war ich anfangs auch extrem schüchtern. Die Worte, die damals ein Choreograf auf dem Laufsteg zu mir sagte, um meine Körperhaltung zu korrigieren, sind mir bis heute im Gedächtnis geblieben: "Schätzchen, der Spot ist auf dich gerichtet, die Leute sehen dich so oder so. Mach die 30 Sekunden da oben zu deinen." In diesem Sinne - Kopf hoch, Brust raus und sei präsent!
Alles Liebe,
Deine Katja
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